The study examines how Israel and the Christ-following community are related to each other in the Book of Revelation. It differs from traditional approaches which propose that, according to Revelation, the church is the “new Israel”. In contrast, this thesis argues that the distinction between ethnic Israel and the nations is upheld and still relevant.
A spiritual interpretation of “Israel” in the key passage Rev 7:4 provides the basis for traditional approaches. This interpretation, however, must be questioned with regard to the application of ethnic terminology in Revelation and the adequacy of such a spiritualization as a means for displaying the relationship between Israel and the Christ-following community. The examination of the Jew-Gentile relationship in the tradition-historical background (the Old Testament and Second Temple literature) shows that becoming a Jewish proselyte was not a prerequisite for having a relationship with YHWH nor was the term “Israel” applied for referring to a Gentile nation. Further key passages are Rev 2:9 and 3:9 where a “synagogue of Satan” is mentioned. These passages need not be read as judging Jewish people for not accepting Jesus as the Messiah. There are other interpretative options; Rev 2,9; 3,9 could also indicate a conflict with judaizing Gentile believers in the Messiah.
A close reading of key texts based on an abiding distinction between Israel and the nations leads to coherent results. The thesis presents a reading for the visionary part of Revelation that centers upon the restoration of Israel and its universal implications. The 144.000 in Rev 7 and 14 are interpreted as ethnic Israelites. The woman in Rev 12 and the bride (Rev 19 and 21) are understood as metaphors for Israel. Although the letters to the seven churches (Rev 2 and 3) indicate that there is no difference between Jews and Gentiles regarding the potential eschatological blessing for the individuals, the visionary part with its universal perspective provides a picture according to which Israelite particularism plays out on a national and functional level in the unfolding of eschatological blessing. The final vision (Rev 21 and 22) displays the eschaton as shaped by interdependence and mutual blessing between the nations and the New Jerusalem.
The consequences of choosing a different framework become clear regarding the question how Israel and the Christ-following community are related to each other. The relationship that comes to the fore in the salvation-historical perspective of Revelation is not one between Israel and the church, but one between Israel and the Gentile believers in the Messiah.
German:
Diese Arbeit untersucht das Verhältnis zwischen Israel und der Gemeinde in der Offenbarung des Johannes. Sie unterscheidet sich von traditionellen Ansätzen, die davon ausgehen, dass die Kirche nach Johannes als das „neue Israel“ gelte. Im Gegensatz dazu wird in dieser Arbeit die Unterscheidung zwischen Israel und den Nationen als weiterhin relevant für Johannes gehalten.
Eine spirituelle Interpretation von „Israel“ in der Schlüsselstelle Offb 7,4 bildet die Basis für traditionelle Ansätze. Diese Interpretation kann jedoch in Bezug auf den Gebrauch von ethnischer Terminologie in der Offenbarung und hinsichtlich der Adäquatheit einer solchen Spiritualisierung als Mittel zur Darstellung des Verhältnisses zwischen Israel und den Christusnachfolgern hinterfragt werden. Die Untersuchung des traditionsgeschichtlichen Hintergrunds (Altes Testament und frühjüdischen Schriften) zeigt, dass es keine Voraussetzung war, Teil des Volkes Israel zu werden, um eine Beziehung zu YHWH haben zu können. Der Begriff „Israel“ wurde auch nicht zur Kennzeichnung nichtjüdischer Menschen oder eines nichtjüdischen Volkes verwendet. Weitere Schlüsselstellen sind Offb 2,9 und 3,9, in denen von einer „Synagoge des Satans“ die Rede ist. Diese Stellen müssen nicht als Ablehnung von Juden gelesen werden, weil diese den Glauben an Jesus nicht annahmen. Die beiden Stellen bieten weitere Interpretationsmöglichkeiten. So könnten Offb 2,9 und 3,9 auch auf einen Konflikt mit judaisierenden nichtjüdischen Christusgläubigen hinweisen.
Die Exegese von Schlüsseltexten, die von einer andauernden Unterscheidung zwischen Israel und den Nationen ausgeht, führt zu kohärenten Ergebnissen. Die vorliegende Arbeit zeichnet ein Bild des Visionsteils, das von der Wiederherstellung Israels gekennzeichnet ist und deren universale Auswirkungen einschließt. Die 144 000 in Offb 7 und 14 werden als Mitglieder des ethnisch definierten Volkes Israel interpretiert. Die Frau aus Offb 12 und die Braut (Offb 19 und 21) werden als Metaphern für Israel gedeutet. Obwohl die Sendschreiben an die sieben Gemeinden (Offb 2 und 3) keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden in Bezug auf den potenziellen eschatologischen Segen für eine Einzelperson erkennen lassen, zeichnet die universale Perspektive des Visionsteils ein Bild, wonach sich jüdische Partikularität auf nationaler und funktionaler Ebene auswirkt. Die Schlussvision (Offb 21;22) stellt das Eschaton gekennzeichnet durch eine wechselseitig segensbringende Beziehung zwischen den Nationen und dem Neuen Jerusalem dar.
Die Konsequenzen dieses anderen angenommenen Vorverständnisses bei Johannes, das die andauernde Unterscheidung zwischen Israel und den Nationen einschließt, werden in Bezug auf die Verhältnisbestimmung zwischen Israel und der Gemeinde aufgezeigt. So ist in der heilsgeschichtlichen Perspektive der Offenbarung weniger von einem Verhältnis zwischen Israel und Gemeinde zu reden als vielmehr von einem Verhältnis zwischen Israel und den nichtjüdischen Christusnachfolgern.